Baratuciat
Die Wiedergeburt einer fast vergessenen Rebsorte
Baratuciat, eine der ältesten autochthonen Rebsorten des Piemonts, stammt aus dem unteren Val di Susa und galt lange Zeit als beinahe ausgestorben. Dank des Engagements von Giorgio Falca, der in den 1990er Jahren Triebe von der letzten bekannten Pflanze rettete und neue Reben pflanzte, erlebt Baratuciat heute eine beeindruckende Renaissance. Diese robuste, aber anspruchsvolle Rebsorte steht sinnbildlich für die Wiederentdeckung alter Weintraditionen und das Potenzial autochthoner Sorten in einer modernen Weinwelt.
Geschichte und Wiederentdeckung
Baratuciat wurde über Generationen hinweg im Val di Susa kultiviert, bevor sie fast in Vergessenheit geriet. In den 1990er Jahren rettete Giorgio Falca die Sorte, indem er Triebe der letzten verbleibenden Pflanze aus der Gemeinde Almese nahm und einen neuen Weinberg pflanzte. Seine Bemühungen legten den Grundstein für die heutige Wiederbelebung der Sorte, die mittlerweile in kleinen Mengen in anderen Teilen des Piemonts kultiviert wird.
Eigenschaften der Rebe
Baratuciat ist eine sehr wüchsige Rebe, deren vegetative Kraft durch den richtigen Standort kontrolliert werden muss. Ihre Anbaueigenschaften machen sie anspruchsvoll, aber auch vielversprechend:
- Boden: Die Sorte bevorzugt schwere, lehmige Böden, die ihre Wüchsigkeit begrenzen.
- Frostempfindlichkeit: Die Knospen treiben früh aus, was das Risiko von Frostschäden erhöht. Deshalb benötigt die Rebe geschützte Lagen.
- Spät reifend: Baratuciat reift sehr spät aus, fast so spät wie Nebbiolo, was ihre Eignung für wärmere Regionen unterstreicht.
- Krankheitsresistenz: Sie ist sehr widerstandsfähig gegen echten und falschen Mehltau, jedoch anfällig für die Rebkrankheit Flavescence Dorée, was spezielle Aufmerksamkeit im Weinberg erfordert.
Terroir und Anbaugebiete
Das ursprüngliche Anbaugebiet von Baratuciat liegt im unteren Val di Susa, einer Region mit kalk- und lehmhaltigen Böden. Dank der Wiederentdeckung wird die Rebsorte heute auch in anderen Gebieten des Piemonts kultiviert, darunter Canavese und die Collina Torinese.
Aromatik und Stilistik
Baratuciat-Weine beeindrucken mit ihrer frischen, mineralischen Stilistik und einem facettenreichen Aromenspektrum.
Typische Aromen:
- Frucht: Grüne Äpfel, reife Birnen, Zitrusfrüchte.
- Floral: Weisse Blüten wie Akazie und Kamille.
- Mineralisch: Eine charakteristische Salzigkeit und feine Kreidigkeit, die das alpine Terroir widerspiegeln.
Weinstil:
- Frische, junge Weine: Trocken, mit lebendiger Säure und einer klaren Frucht.
- Komplexere Varianten: Mit Ausbau auf der Hefe oder in Amphoren entwickeln die Weine mehr Tiefe und cremige Texturen.
Vinifikation und Besonderheiten
Die meisten Baratuciat-Weine werden in Edelstahltanks vinifiziert, um die frische Aromatik und die lebendige Säure zu bewahren. Innovative Winzer experimentieren jedoch mit längerer Hefelagerung oder Amphorenausbau, was den Weinen zusätzliche Komplexität verleiht.
Kulinarik und Pairing
Baratuciat ist ein vielseitiger Begleiter, der sowohl zur traditionellen piemontesischen Küche als auch zu modernen Gerichten passt:
- Vorspeisen: Antipasti, Ziegenkäse oder Vitello Tonnato.
- Fischgerichte: Gegrillter Fisch, Tintenfisch oder Muscheln.
- Vegetarische Gerichte: Spargelrisotto, Kürbissuppe oder Gemüsetarte.
- Käse: Perfekt zu gereiftem Taleggio oder Robiola.
Herausforderungen und Potenzial
Die anspruchsvollen Wachstumsbedingungen und die Anfälligkeit für Flavescence Dorée machen den Anbau von Baratuciat herausfordernd. Dennoch bietet die Rebsorte enormes Potenzial, insbesondere im Kontext nachhaltiger und biologischer Weinbaupraktiken. Ihre natürliche Resistenz gegen Mehltau und ihr spätes Reifeverhalten machen sie zu einer zukunftssicheren Wahl für Winzer, die auf Qualität und Terroir setzen.
Ein Blick in die Zukunft
Baratuciat ist ein Beispiel für die Renaissance fast vergessener Rebsorten und die Vielfalt des piemontesischen Weinbaus. Dank ihrer einzigartigen Charakteristik und der Hingabe moderner Winzer wie Enrico Druetto wird diese "kleine Birne" weiterhin Kenner und Weinliebhaber begeistern. Sie bleibt ein Symbol für die Bedeutung von Tradition und Innovation in der Weinwelt.