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Canavese und Erbaluce di Caluso

Eine Region voller Geschichte, Vielfalt und Potenzial


Geschichte und Entwicklung der Rebflächen

Die Weinregion Canavese im nördlichen Piemont hat eine reiche Geschichte, die bis in die Antike zurückreicht. Ursprünglich wurde das Gebiet von den keltisch-ligurischen Salassi bewohnt, bevor es von den Römern erobert wurde. Nach dem Untergang des Römischen Reiches prägten byzantinische, langobardische und fränkische Herrschaften die Region. Im Mittelalter entwickelten lokale Adelsfamilien den Weinbau weiter, der schliesslich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor wurde.


Im 19. Jahrhundert erreichte die Rebfläche in Canavese ihren Höhepunkt, doch die Industrialisierung, insbesondere die Expansion der Olivetti-Fabrik in Ivrea, führte zu einem massiven Rückgang der Weinberge. Heute wird nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Fläche bewirtschaftet, doch dank engagierter Winzer erlebt die Region eine Renaissance.


Terroir und Klima

Die geologische Struktur des Canavese ist einzigartig. Die Böden der Region sind moränischen Ursprungs und entstanden durch drei grosse Gletscherschübe während der Eiszeit. Diese Bewegungen hinterliessen die charakteristischen Moränenhügel, die das Moränen-Amphitheater von Ivrea formen. Dieses geologische Erbe sorgt für sandig-kiesige, gut drainierende Böden, die reich an Kalium und Phosphaten, aber arm an organischen Stoffen sind.


Die Weinberge liegen auf Höhen von 250 bis 350 Metern über dem Meeresspiegel. Das alpine Mesoklima mit seinen kalten Wintern, heissen Sommern und starken Tag-Nacht-Temperaturschwankungen fördert die Entwicklung von Aromen und Säure in den Trauben. Die besonderen Bedingungen des Canavese-Terroirs verleihen den Weinen eine ausgeprägte Frische, Eleganz und Mineralität.


Rebsorten und Weinstile

In Canavese dominieren autochthone Rebsorten, ergänzt durch einige internationale Sorten. Zu den wichtigsten Rebsorten gehören:


  • Erbaluce: Die weisse Leittraube der Region, die in verschiedenen Stilrichtungen ausgebaut wird – als trockener Weisswein, Schaumwein (Metodo Classico) und Passito.  
  • Nebbiolo: Auch bekannt als "Spanna", liefert diese rote Rebsorte elegante, strukturierte Weine mit grossem Alterungspotenzial.  
  • Freisa, Barbera und Bonarda: Ergänzen die Vielfalt der Rotweine mit fruchtigen und würzigen Noten.  


Besonders hervorzuheben ist die Erbaluce di Caluso DOCG, die zu 100 % aus der Erbaluce-Traube hergestellt wird und etwa eine Million Flaschen pro Jahr produziert. Die jungen Winzer der Region bringen innovative Ideen ein und setzen auf nachhaltige Praktiken, um die Authentizität und Qualität ihrer Weine zu fördern.


Nachhaltigkeit und Landwirtschaft

Viele Winzer in Canavese arbeiten nach biologischen oder biodynamischen Prinzipien. Sie verzichten auf chemische Herbizide, setzen auf Gründüngung und begrünen die Weinberge spontan. Obstbäume wie Kiwis, Pfirsiche und Birnen werden in die Weinberge integriert, um die Biodiversität zu fördern. Einige Weingüter, wie Valchyara, betreiben sogar eine Kombination aus Weinbau und Tierhaltung, mit Gänsen und Hühnern zur Selbstversorgung.


Geologische und kulturelle Besonderheiten

Das Moränen-Amphitheater von Ivrea, eines der grössten seiner Art weltweit, ist nicht nur eine geologische Sehenswürdigkeit, sondern auch ein wesentlicher Faktor für die Qualität der Weine aus Canavese. Die Region vereint natürliche Schönheit mit einer langen Weinbautradition. Kulturelle Highlights wie mittelalterliche Burgen und historische Dörfer bereichern das Erlebnis für Besucher.


Herausforderungen und Chancen

Die Region steht vor Herausforderungen wie den Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere Hagelstürmen, und ihrer geringen Bekanntheit im Vergleich zu prominenteren piemontesischen Weinbaugebieten wie Barolo. Dennoch bietet die steigende Nachfrage nach terroirbetonten Weinen und die Wiederentdeckung autochthoner Sorten enormes Potenzial für Wachstum.


Ein Blick in die Zukunft

Canavese verbindet geologische Einzigartigkeit, eine reiche Geschichte und innovative Ansätze, um sich als eines der spannendsten Weinbaugebiete Italiens zu etablieren. Mit der Rückkehr zur nachhaltigen Landwirtschaft und der Förderung autochthoner Rebsorten wird die Region nicht nur ihren historischen Glanz wiederherstellen, sondern auch neue Massstäbe für Qualität und Authentizität setzen.



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Quellen:

Interviews mit Favaro und Valchyara

Consorzio per la Tutela e la valorizzazione dei vini DOCG di Caluso e DOC di Carema e Canavese. (n.d.). The Territory. Retrieved April 26, 2021, from http://www.erbalucecarema.it/en/the-territory/

D'Agata, I. (2019). Italy's Native Wine Grape Terroirs. University of California Press.

D'Agata, I., & Longo, M. (2021). The Grapes and Wines of Italy: The Definitive Compendium Region by Region. Amazon Fulfillment Poland Sp. z o.o.